Corona belastet den Ausbildungsmarkt erheblich

09.12.2021

Die Zahl der Jugendlichen, die nach der Schule ohne Ausbildungsplatz oder Anschlussqualifizierung dastehen und quasi abtauchen, steigt in der Corona-Krise deutlich an. Das belegt der aktuelle Arbeitslosenreport der Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege (LAG). Gleichzeitig sinkt auch die Zahl der gemeldeten Ausbildungsplätze - eine schlechte Entwicklung. „Wir dürfen in der Corona-Krise die jungen Menschen im Übergang von der Schule in den Beruf nicht übersehen“, warnt der LAG-Vorsitzende Dr. Frank Johannes Hensel.

Die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber um einen Ausbildungsplatz ist in der Corona-Pandemie stark zurückgegangen, so die offizielle Statistik der Bundesagentur für Arbeit. 2020/2021 gab es 107.529 Bewerber um einen Ausbildungsplatz (2018/2019: 128.508). Ein wichtiger Grund sind die beschränkten Zugangswege zu Berufsberaterinnen, Schulsozialarbeitern und Lehrern. Dadurch stehen Schülerinnen und Schüler in Abgangsklassen in einer für sie ohnehin extrem belastenden Situation ohne Ansprechpartner da. Ihnen fehlen Personen, die ihnen mit professioneller Unterstützung im direkten Kontakt weiterhelfen können.

„Jobcenter und Arbeitsagenturen waren und sind wegen Corona oft schwerer erreichbar“, sagt der LAG-Vorsitzende Hensel. „Am Ende tauchen etliche der Jugendlichen ab und melden sich gar nicht erst ausbildungssuchend“, warnt er. Damit junge Menschen nicht schon beim Start ins Berufsleben verlorengehen, müssen sie verlässliche Begleitung am Übergang von der Schule in den Beruf durch Lehrer, Schulsozialarbeiter sowie durch die Beratungsfachkräfte der Arbeitsagenturen erfahren.

Hensel: „Wirtschaft und Arbeitsmarkt suchen händeringend nach Fachkräften. Wir müssen den jungen Menschen hinterhergehen, damit sie nicht verloren gehen: mit aufsuchenden Angeboten, einer Mobilität der Arbeitsagenturen bis in die Sozialräume hinein, mit regelmäßiger Präsenzberatung beispielsweise in offenen Treffs und anderen Einrichtungen der Jugendhilfe. Zudem muss die Elternarbeit bei der Begleitung und Förderung junger Erwachsener mitgedacht und mitfinanziert werden.“
Industrie und Handwerk sollten nach Auffassung der Wohlfahrtsverbände für weiter erhöhte Ausbildungskapazitäten sorgen. Zwar erhalten rein rechnerisch derzeit fast alle Bewerbenden eine Stelle, doch in der Praxis brauche man einen Angebotsüberhang von 12,5 Prozent an Ausbildungsstellen, damit die Besetzungen überhaupt gelingen können.

Hensel: „Wir haben am Ausbildungsmarkt in NRW enorme Passungsprobleme. Neben hohen Ausbildungsanstrengungen der Betriebe, braucht es dringend mehr vermittelnden Einsatz, um junge Menschen bei Auswahl und Aufnahme einer Berufsausbildung zu unterstützen. Ausbildungsvorbereitende Maßnahmen, aber auch Angebote des Jugendwohnens und Landesprogramme wie ‚Ausbildungsprogramm NRW‘ oder ‚Matchingberater‘ sind hilfreich. Die wichtigen Landesprogramme dazu stagnieren oder laufen sogar aus. Das halten wir für eine Fehlentscheidung!“

Der Arbeitslosenreport NRW der Wohlfahrtsverbände zeigt auch, dass sehr oft Bewerberinnen und Bewerber ohne Schulabschluss sowie junge Menschen mit Schwerbehinderung oder ausländischer Staatsangehörigkeit zu denjenigen gehören, deren Situation besonders prekär ist. Ohne Ausbildungsplatz, ohne Fördermaßnahme, ohne weiteren Schulbesuch und ohne Arbeitsplatz gelten sie als „unversorgt“. Ihre Zahl liegt nach der Statistik der Bundesagentur bei 6993.
Hensel: „6.993 junge Menschen, die am Ende eines Ausbildungsjahres als Unversorgte dastehen, ohne schulische oder berufliche Perspektive – das sind 6.993 große Verluste!“ Diese jungen Menschen dürften nicht als „Generation Corona“ ins Abseits geraten. „Um sie zu erreichen, brauchen wir jetzt deutlich mehr aufsuchende Angebote im Sozialraum, auch in neuen und ungewöhnlichen Kooperationen, etwa mit Vereinen, offenen Treffs und anderen Einrichtungen der Jugendhilfe. Gerade ehemalige Förderschüler sollten dabei besondere Aufmerksamkeit finden“, fordert der LAG-Vorsitzende.

Arbeitslosenreport als PDF

Datenanhang Arbeitslosenreport als PDF

Weitere Nachrichten

Meldung vom 01.05.2024
Das Gemaule über das Bürgergeld soll der CDU zu alter Stärke verhelfen. Unermüdlich und mit vereinten Boulevard-Kräften bläst sie zur Attacke gegen das angeblich "arbeitnehmerfressende" Bürgergeld-Monster. weiterlesen
Meldung vom 29.04.2024
Es wird diskutiert, sich ausgetauscht und vor allem viel vorangebracht: In den vergangenen Monaten haben die Kolleg*innen in den Unterarbeitsgruppen (UAG) intensiv an der „AWO Vision 2025“ gearbeitet. weiterlesen
Meldung vom 25.04.2024
Bereits zum dritten Mal hat der AWO Bezirk Westliches Westfalen einen 160-Stunden-Qualifizierungskurs für Quereinsteigende in Kitas durchgeführt. 20 Teilnehmende freuten sich über den Abschluss. weiterlesen
Meldung vom 23.04.2024
Die Zeiten sind herausfordernd: Rechtsruck, Fachkräftemangel und Sparhaushalte auf Bundes- und Landesebene, die den Sozialbereich hart treffen – die AWO im Westlichen Westfalen hat auf ihrer Bezirkskonferenz am 20. April in Gelsenkirchen auf Krisen reagiert und die Segel entsprechend gesetzt. weiterlesen
Meldung vom 23.04.2024
Beruflicher Quereinstieg in Kindertageseinrichtungen – dieses Thema stand beim Fachtag des AWO Bezirks Westliches Westfalen im Fokus. weiterlesen
Meldung vom 18.04.2024
Personell und politisch stellt der Bezirk am Samstag, 20. April, die Weichen für die kommenden vier Jahre. Rund 230 Delegierte und Gäste werden an der Konferenz teilnehmen. weiterlesen
Meldung vom 15.04.2024
Wenn sie jetzt ganz unverhohlen wieder Nazi-Lieder johlen, über Juden Witze machen, über Menschenrechte lachen. Dann steh auf und misch dich ein: Sage nein! - Die AWO ist dabei und setzt Konstantin Weckers berühmte Zeilen neu in Szene. weiterlesen
Meldung vom 04.04.2024
Auf den Dächern der Seniorenzentren des AWO Bezirksverbandes Westliches Westfalen soll vermehrt umweltfreundlicher Strom produziert und verbraucht werden. weiterlesen
Meldung vom 04.04.2024
Der AWO Bezirksverband Westliches Westfalen begleitet Kinder, Jugendliche und Familien in allen Lebensphasen. weiterlesen
Meldung vom 01.04.2024
Und täglich salutiert das Murmeltier: Seit in Deutschland über die eigene Aufrüstung diskutiert wird, steht auch die Wehrpflicht wieder auf der Tagesordnung. weiterlesen